Normale, Binormale und Torsion einer Kurve

In den Punkten der Kurve , in denen die Krümmung nicht 0 ist, existiert ein Einheitsvektor in Richtung der zweiten Ableitung , der definiert ist durch
.

Dieser Vektor heißt Normaleneinheitsvektor bei s und ist orthogonal zum Tangenteneinheitsvektor .

Der Normaleneinheitsvektor zeigt die Richtung an, in die die Kurve gekrümmt ist. Er ist ein Einheitsvektor, da die Krümmung definiert ist als die Länge des Vektors und in der Definition von der Normalenvektor durch seine Länge (die Krümmung ) geteilt wird und damit die Länge von zu 1 wird.

Von dem Normaleneinheitsvektor der Kurve im Punkt und dem Tangenteneinheitsvektor der Kurve im Punkt wird eine Ebene aufgespannt, die so genannte Schmiegebene der Kurve in .

Abb. 5: Spirale mit Schmiegebene


Die Schmiegebene wird für weitere Untersuchungen von Kurveneigenschaften benötigt, deshalb ist es wichtig, dass sie in jedem Punkt der Kurve existiert. Da der Normaleneinheitsvektor einer Kurve nur in Punkten mit definiert ist (sonst wäre der Nenner in der Definition des Normalenvektors gleich 0), ist in diesen Punkten auch die Schmiegebene nicht definiert. Die Punkte einer Kurve, in denen ist, heißen singuläre Punkte der Ordnung 1 (vgl. [2], S.15). Im Folgenden werden nur noch Kurven ohne singuläre Punkte der Ordnung 1 betrachtet, damit die Schmiegebene überall definiert ist.

Der Vektor ist der Normalenvektor der Schmiegebene und heißt Binormalenvektor der Kurve im Punkt . Da die Vektoren und Einheitsvektoren sind, ist damit auch der Binormalenvektor ein Einheitsvektor.

Die Norm der zweiten Ableitung von definiert wie schon gesehen die Krümmung in s als die Änderung zwischen den benachbarten Tangenten und der Tangente in s.
Analog kann man die Änderung zwischen den Schmiegebenen betrachten.
Da
ein Einheitsvektor ist, misst die Norm der ersten Ableitung des Binormaleneinheitsvektors die Veränderung der benachbarten Schmieg-ebenen gegenüber der Schmiegebene bei s. gibt also ein Maß dafür an, wie schnell sich die Kurve in einer Umgebung von s aus der Schmiegebene im Punkt herausdreht (vgl. [2], S.15).
Dieses Maß, dafür wie sich
in Richtung des Binormalenvektors aus der Schmiegebene herauswindet heißt Windung oder Torsion von bei s.


(vgl. [2], S.15)

Beispiel:
Für die schon betrachtete Spirale

mit der Bogenlängenparametrisierung

soll die Torsion berechnet werden.
Dazu benötigt man den Tangenteneinheitsvektor
,
die zweite Ableitung
,
die Krümmung

und den Normaleneinheitsvektor

Damit kann jetzt der Binormaleneinheitsvektor berechnet werden:

Zur Berechnung der Torsion braucht man die erste Ableitung des Normalenvektors:
.
Damit kann man schließlich die Torsion berechnen:

Die Torsion der Spirale ist wie auch schon die Krümmung nicht von s abhängig und damit in jedem Punkt der Spirale konstant.
Zum Beispiel ergibt sich für die Spirale mit k = 3 die Torsion
.